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Nachruhm

„Als Künstler beneide ich diejenigen, die Trost finden in dem Glauben, ihr Werk werde sie überdauern und über ihren Tod hinweg im Gespräch bleiben und sie selbst würden durch ihr ‚Vermächtnis‘ unsterblich, ähnlich wie der Katholik, der an den Himmel glaubt. Die Sache hat nur einen Haken: Die Leute, die über das große Werk des längst verstorbenen Künstlers sprechen, sind noch am Leben und bestellen Pastrami, während der Künstler in einer Urne oder in Queens auf dem Friedhof gelandet ist. Diese ganzen Leute, die zu Shakespeares Grab pilgern und ein Loblieb auf ihn singen, gehen dem großen Barden am Allerwertesten vorbei, und der Tag wird kommen – in ferner Zukunft, aber mit Sicherheit irgendwann -, an dem alle Shakespeare-Stücke trotz ihres genialen dramatischen Aufbaus und der wohlgefälligen jambischen Pentameter, an dem jeder einzelne von Seurats Pinseltupfern den Weg aller Atome des Universums gehen werden. Nicht nur das, das Universum selbst wird aufhören zu existieren und mit ihm auch die Möglichkeit, seinen Wintermantel reinigen zu lassen.“

Woody Allen:  Ganz nebenbei. Hamburg: Rowohlt, 2020. S. 87